Rehe beobachten

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? In Anlehnung an Goethe gilt das in meinem Fall für die Beobachtung von Rehwild. Von einem Jäger erhielt ich diesbezüglich einen Tip. Auf einer in der Nähe liegenden Äsungsfläche lassen sich die Tiere ungestört beobachten. alle Bilder (Flickr Album)

Waldwiese

Blick auf die Äsungsfläche am frühen Morgen

Dem Wild fehlt es neben verschiedenen anderen Lebensgrundlagen vor allem an artgerechter Äsung schreibt Günter Claußen. /1/
Die Jäger schaffen deshalb ein entsprechendes Angebot. Ziel ist es, in jeder Jahreszeit eine reiche Auswahl an Pflanzen anzubieten. Rehe besitzen einen verhältnismäßig kleinen Pansen und sind daher nicht in der Lage, in großen Mengen rohfaserreiches Futter, wie z. B. Gras zu verarbeiten. Ihr täglicher Nahrungsbedarf liegt bei maximal 4 kg Frischmasse, die sich aus 0,8 kg Trockensubstanz, 40 g Eiweiß und 250 g Stärkeeinheiten zusammensetzt. Je abwechslungsreicher das Pflanzenangebot, umso besser ist die Annahme und Nutzung durch das Wild. /1/ Die von mir besuchte Äsungsfläche erfüllt offensichtlich die Anforderungen des Rehwildes, denn morgens und abends sind immer Tiere zu beobachten. Ideal für einen Fotografen!

Erfahrungen erster Tag, 25.Mai 2022

Als ich gegen 5 Ur vor Ort war, äste bereits eine Ricke auf der Wiese. Doch eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang ist es noch viel zu dunkel. Bereits kurz nach Sonnenaufgang (5:36 Uhr) waren die Lichtbedingungen so, dass meine lichtstarkes Tamron 70-180mm F/2.8 Di III seine Stärken ausspielen konnte. Und idealer Weise erschien auch ein Bock und Minuten später eine Ricke. Nur etwas weit weg für 180mm Brennweite trotz APS-C Modus.

reh_DSC05823_22-05-25

Sobald die Sonne über die Baumwipfel steigt, wird das Gegenlicht bei meiner gegenwärtigen Aufnahmeposition kritisch.

Am Abend habe ich die Kombination XH50-140mm F2.8 R LM OIS WR + 1.4x eingesetzt, von der Lichtstärke natürlich schlechter, von der Brennweite aber schon besser. Freihand aufgelegt erreiche ich noch bei 1/80 sec Belichtungszeit ausreichend scharfe Aufnahmen, um das Rauschen „kümmert“ sich dann Topaz DeNoise AI. Die Sonne hatte sich am Abend hinter Wolken versteckt. Bleibt die Hoffnung, dass es ohne Bewölkung in ein weiches Abendlicht gibt.

reh_DSCF2012_22-05-25

28.Mai 22 – Mit dem XF 100-400mm F4,5-5,6 R LM OIS WR unterwegs. Solange man sich auf Szenen ohne Bewegung beschränkt, wird das 100 – 400 wohl öfters eingesetzt. Kurz bevor der Bock auf der Bühne erschien, lief ein Fuchs quer über Äsungsfläche, leider war es da noch zu dunkel. Insgesamt sind ca. 50 schöne Aufnahmen entstanden.

Jetzt heisst es erst einmal beobachten. Von wo kommen wann meine Motive? Vielleicht findet sich ein noch besserer Standort zum fotografieren. Vor allem möchte ich näher ran und andere Perspektiven nutzen.

29.Mai 22 – Auf dem Weg zum Fotoplatz ( 5 Uhr) lag ein Bock im Dickicht. Er begann sofort zu bellen. Die Äsungsfläche blieb leer. So werde ich einige Tage warten, bis wieder Ruhe eingekehrt ist. In den Tagen zuvor kam der Bock aus einer ganz anderen Richtung auf die Lichtung.

31.Mai 22 Abendtour mit dem 100 – 400 und 2fach Konverter – 21:13 Uhr betrat der Bock Bühne, da herrschte noch schönes Licht, nur war die Entfernung mit 90 Metern recht groß. Mit 1200mm Brennweite holt man ihn doch schön ran. Wie immer kam er dann auf mich zu, da es dort frischen Klee gibt. (30 Meter Entfernung) Mit 1/125 sind Fotos in der Bewegung mehr oder weniger unscharf. Spätestens 21:45 Uhr kam dann der AF in`s schwitzen, viele Fehlschüsse. Die grosse Brennweite konnte ich für die angestrebten Detailaufnahmen nicht nutzen, zumal ich die Belichtungszeit auf 1/80 umstellen musste. Das ist der Nachteil des Abends, das Licht wird mit der Zeit immer weniger.

Fazit: Das wenige Licht am Abend eignet sich unter meinen Aufnahmebedingungen, bzw. von meinem Fotoversteck aus (meist ca. 30 Meter Abstand zum Motiv) für formatfüllende Aufnahmen besser als das grelle Gegenlicht am Morgen. Erscheint das Rehwild nicht zu spät und der Himmel ist wolkenlos sind die Vorteile von 1200mm Brennweite trotz f11 durchaus nutzbar. Alternativ ist für die „perfekte formatfüllende Nahaufnahme “ das Licht am Morgen bei bedecktem Himmel denkbar. Also den Wetterbericht studieren und hoffen, dass die Tiere zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Interessant war noch festzustellen, dass der Bock wieder aus einer anderen Richtung kam, was eine Vorausplanung mehr oder wenig unmöglich macht.

/1/ Günter Claußen „Äsung für Hirsche und Rehe“
https://www.wildhueter-st-hubertus.de/aesung-fuer-hirsche-und-rehe